Krumbacher Kunstpreis 2018


Laudatio zum Werk „Arsenal“ von Elisabeth Bader anlässlich der Verleihung des Krumbacher Kunstpreises am 20.03.2018

Wenn Sie gelegentlich morgens den Wasserhahn am Waschbecken betrachten, dann werden Sie vielleicht denken: der müsste mal wieder geputzt werden, oder: schon wieder verkalkt, das Wasser in Krumbach ist viel zu hart. Man kann die Armaturen aber auch anders sehen.

Elisabeth Baders Werk zeigt sich auf den ersten Blick eher spröde; es will den Betrachter nicht erobern, es will sich als Installation präsentieren; das Zeigen gehört zur Idee des Werkes. Elisabeth Bader liebt die kleinen und größeren Wortspiele, weshalb es ihr wohl recht ist, wenn man sich einen Zugang übers Wortspiel schafft, ausgehend vom Begriff der Armatur mit seinen unterschiedlichen Begriffsinhalten zwischen Ritterrüstung und Villeroy und Boch, geht es zum Arsenal der Waffenkammer, in der die Armaturen gelagert sind; im Lagerraum werden die Objekte nicht nur gestapelt sondern auch logistisch präsentiert, damit man sie schnell wiederfindet und verwenden kann. Schon ist es nicht mehr weit zur Installation des Künstlers mit den Objekten des Installateurs. Das Werk ist ein freies Spiel und führt vor wie die entferntesten Dinge miteinander zusammenhängen. Es gibt nicht nur „Die zufällige Begegnung von Nähmaschine und Regenschirm auf einem Seziertisch“ (Lautréamont als Stichwortgeber der Surrealisten), es begegen sich auch Wasserhahn und Wasserhahn an der Wand.

Das Werk erschöpft sich natürlich nicht im Anstoßen einer Assoziationskette, es ist auch ein sinnliches Ereignis, ein Theater der Nuancen, der feinen Unterschiede des Papiers, der Form, der Volumen.

Übrigens: Beim Schaffen eines wirklich guten Kunstwerks, kommt der Künstler zwangsläufig an seine Grenzen oder darüber hinaus. Was man beherrscht ist Routine; wo man über sich hinauswächst, da versteht man nicht mehr ganz, was man tut oder wie man das geschafft hat. dh der Künstler weiß selber nicht so genau warum er etwas geschaffen hat. Er wird Fragen nicht beantworten können. Am besten stellt man sich die Fragen selber.

Warum präsentiert Elisabeth Bader ein Arsenal merkwürdiger Gestalten? Und warum nennt sie 21 seltsame Dinge ein Arsenal? Sind es Waffen aus der Welt der Sternenkrieger? Abformungen von Kröten? Fantasiegebilde? Oder doch eher Wasserhähne? Sind Wasserhähne leicht? Können Wasserhähne aus Papier sein? Ist ein Wasserhahn ein Wasserhahn, wenn nichts durch ihn fließt? Braucht der Wasserhahn das Wasser zum Leben? Oder lässt ihn das Wasser kalt? Wann haben Sie zum letzten Mal einen Wasserhahn montiert? Was wäre aus der Menschheit geworden, wenn die Installateure darauf bestanden hätten, dass Wasserhähne aus Papier sein müssen? Und was, wenn daraus eine Religion entstanden wäre? Ist ein Wasserhahn aus Papier eine Täuschung? Oder eine Vision? Ein alternatives Faktum? Warum produziert eine Künstlerin etwas in Serie, wenn es doch kein Serienprodukt sein soll? Wenn Armaturen Stützgerüste sind, was stützt der Wasserhahn? Sind Wasserhähne Jagdtrophäen, die man stolz an die Wand hängt? Können Wasserhähne Waffen sein? Wenn sie Armaturen sind, vor was schützen sie uns? Werden unsere Kinder mit Wasserpistolen aufeinander schießen? Oder werden sie um Wasser mit Pistolen aufeinander schießen? Kann ein Wasserhahn ein Schmuckstück sein? Kümmert es den Wasserhahn, wenn das Wasser, das durch ihn fließt, vergiftet ist? Welcher Krieg lässt sich mit solchen Wasserwaffen führen? Was hat Hasenleim im Wasserhahn zu suchen? Sind Wasserhähne kalt? Wovon träumt ein Wasserhahn? Wäre er gern ein Wasserhuhn? Und wäre sein Leben dann besser? Zu welchem Zweck bewahren wir etwas auf? Warum springt der Blick von einem zum anderen, wo sie doch alle gleich erscheinen? Warum sind Fragen schöner als Antworten?

Wolfgang Mennel